Zum Inhalt springen

Mit Fehlern des Hundes umgehen – ignorieren? oder was sonst?

In den letzen Monaten war ich auf mehreren Seminaren, erfolgreicher Hundesportler. Während sie bei einigen Dingen wirklich übereinstimmend gleiche oder zumindest ähnliche Empfehlungen gegeben haben, gab es ein wesentliches Bauteil der Hundeausbildung wo es sehr gegensätzliche Meinungen zu gab, nämlich wie mit Fehlern des Hundes umzugehen ist.

  • Die eine Meinung ist: Fehler werden ignoriert, einfach so tun, als wenn nichts gewesen ist, dafür den Hund überschwenglich loben, wenn er das gewünschte Verhalten zeigt.
  • Die andere Meinung ist: Für mehr Klarheit und schnellerem Verständnis des Hundes sollte man für falsche Verhalten auch ein negatives Abbruchkommando verwenden, das dem Hund ganz klar sagt, dass sein Verhalten falsch war. Falsches Verhalten soll also sanktioniert werden, durch ein Abbruchkommando.

An beiden Verfahren ist meiner Meinung nach schon etwas Richtiges dran. Sie haben beide Vor- und Nachteile. Und jeder Befürworter der einen Methode argumentiert natürlich mit Nachteilen der jeweils anderen Methode. Ich möchte nachfolgend kurz darlegen wo die Vor- und Nachteile liegen. In jedem Fall sollte sich jeder für seine persönliche Methode entscheiden und dazu die Vor- und Nachteile abwägen und die zu lösenden Probleme berücksichtigen.

Gegenüberstellung beider Methoden

 Fehler ignorieren  negatives Abbruchsignal
Vorgehensweise Zeigt der Hund nicht das gewünschte Verhalten, wird sein Verhalten ignoriert und die Übung wiederholt. Gelingt es dem Hund nicht nach ein paar mal das Verhalten zu zeigen, wird die Übung für den Hund einfacher gestaltet oder dem Hund geholfen das gewünschte Verhalten zu zeigen, damit er sich seine Belohnung verdienen kann. Zeigt der Hund das gewünschte Verhalten wird er überschwänglich gelobt. Zeigt der Hund ein falsches Verhalten, wird die Übung mit einem negativen Abbruchsignal beendet, bspw. „Nein“ oder „Falsch“ und neu begonnen. Für den Hund muss ganz klar sein, dass die Übung neu beginnt und nicht trotz des Fehlers weiter gemacht wird.
Vorteile
  • Der Hund wird recht schnell lernen, dass sich unerwünschtes Verhalten nicht lohnt, weil er sich damit nicht seine Belohnung verdienen kann.
  • Es besteht nicht die Gefahr, dass der Hund das negative Abbruchsignal per Konditionierung mit dem falschen Verhalten verknüpft.
  • Der Hund hat keinen Stress dadurch dass er Fehler macht. Stress hemmt den Lernerfolg und ist daher in der Regel kontraproduktiv.
  • Man schenkt einem unerwünschten Verhalten keinerlei Aufmerksamkeit. Auch „negative“ Aufmerksamkeit kann für manch einen Hund eine Belohnung sein.
  • Der Hund kann sehr gut unterscheiden, welches Verhalten gut ist (er wird gelobt) und welches falsch ist (es folgt das Abbruchsignal) nach der Methode „Zuckerbrot und Peitsche“ wobei beides natürlich nicht wörtlich zu nehmen ist.
  • Folgt mal weder ein Lob noch ein negatives Abbruchsignal, wie bspw. in der Prüfungssituation ist dem Hund zumindest klar, dass er nichts falsch macht.
  • Wenn mit dem negativen Abbruch-Signal die Übung auch abgebrochen wird, der Hund sie also nicht mehr zu Ende macht und einfach nur wiederholt, besteht nicht die Gefahr, dass der Hund sein falsches Verhalten bspw. durch die Fortsetzung der Übung selbst belohnt.
  • Insbesondere wenn man das negative Abbruchsignal so konditioniert hat, dass der Hund dies als Vorwarnung für eine schlimmere Sanktion erkennt, hat man die Chance es in der Prüfung auch einzusetzen, um den Hund wieder unter Kontrolle zu bekommen.
  • Insbesondere in komplexen Übungen kann man bei gutem Timing dem Hund sehr gut klar machen, welcher Teil der Übung falsch war, so dass der Hund die Chance bekommt genau an dieser Stelle der Verhaltenskette sein Verhalten zu ändern.
Nachteile
  • Wer für eine bevorstehende Prüfung trainiert oder in der Prüfungssituation selbst, kann den Hund nicht in der Übung für richtiges Verhalten loben. Hier besteht dann die Gefahr, dass der Hund die Situation deutet, als wenn er etwas falsch gemacht hat, denn im Training hat der Hund ja gelernt, nur wenn er etwas richtig macht, kommt das Lob, alles andere lohnt sich nicht.
  • Der Hund lernt nicht, auch mit negativen Abbruchsignalen umzugehen. Das kann gerade bei sensiblen  Hunden nachteilig sein, gerade wenn in Gruppenübungen auf Prüfungen die anderen Hundeführer ihren Hunden mit entsprechenden Tonfall oder Signalwort klar machen, dass das falsch war.
  • Es gibt unerwünschte Verhaltensweisen von Hunden die selbstbelohnend sind. Diese lassen sich in der Regel nicht durch ignorieren abstellen, bspw.:
    • anderen Hunden im Training Spielzeug klauen
    • bellen, als Stressventil, aus Frust oder aus Spaß am Bellen
    • mit dem Apportel über den Platz pesen, statt es zu bringen oder am Apportel zu zerren, statt es abzugeben.
    • anstupsen/hacken nach dem Hundeführer beim Fußlaufen oder in anderen Situationen
    • Arbeiten vor Anweisung, insbesondere in den „Spaßübungen“ für die meisten Hunde, wie Box, Apportieren, Hürde.
    • aggressives Verhalten insbesondere in Gruppenübungen
    • spielen mit anderen Hunden
  • In der Prüfungssituation hat man so keine Chance den Hund kurzfristig wieder zu einem erwünschten Verhalten zu bringen.
  • Wenn das negative Abbruchsignal für den Hund nicht klar „negativ“ belegt ist, sondern zu „sanft“ und „nett“ klingt, wie das häufig verwendete Wort „Schade“, könnte das der ein -oder andere Hund durchaus als „Lob“ und damit Bestätigung für das unerwünschte Verhalten ansehen.
  • Sehr sensible Hunde könnten bei sehr häufiger Verwendung eines negativen Abbruchsignals durchaus frustriert und gestresst werden und die Arbeit verweigern oder im Lernen gehemmt sein.
  • Ständige und erfolglose Verwendung (der Hund ändert sein Verhalten nicht) des negativen Abbruchsignals für das gleiche falsche Verhalten, könnte dazu führen, dass der Hund das Abbruchsignal mit dem unerwünschten Verhalten verknüpft und dieses Verhalten bei der Verwendung dann natürlich erst recht zeigt.
  • Bei zu regelmäßiger Verwendung kann das negative Abbruchsignal seine Wirkung durch „Gewöhnung“ verlieren. Lediglich, wenn man dann auch durchsetzt, dass der Hund bspw. auch zum HF zurückkommt, statt die Übung zu Ende zu machen, wird dem Hund auf jeden Fall klar sein, dass sein Verhalten nicht richtig war.

Meine Meinung dazu

Natürlich kann man die Auffassung vertreten, ein Hund für den man in der Prüfungssituation ein Abbruchsignal braucht, um ihn wieder zu erwünschtem Verhalten zu bringen, ist nicht prüfungsreif. Aber auch für jeden noch so erfahrenen Hund und Hundeführer kommt es sicherlich mal zu Situationen in der Prüfung, auf die der Hund mit Verhalten reagiert, dass nicht erwünscht ist. Im besten Fall ist damit nur die Prüfung versaut, im schlimmsten Fall merkt der Hund sich, dass in der Prüfungssituation sein Verhalten keine Konsequenzen hat. Weder positive noch negative. Ein solcher Hund arbeitet sicher weiter im Training mit, da wird er ja auch gelobt und kann sich seine Belohnung verdienen. In der Prüfung aber nicht. Hier muss man dann darauf vertrauen, dass der Hund auf die Belohnung  nach der Prüfung wartet. Wenn der Hund so viel Selbstdisziplin aber nicht hat, wird er auf Dauer Wege finden, seine Triebe auch in der Prüfungssituation zu befriedigen.

Ignorieren von Fehlern setzt voraus, dass das unerwünschte Verhalten den Hund nicht zum Triebziel bringt, sprich nicht selbstbelohnend ist. Genauso wenig wie man einen Hund vom „Klauen vom Esstisch“ abbringen kann, indem man dieses Verhalten ignoriert, kann man ihm auch auf dem Hundeplatz oder im Alltag Verhalten abtrainieren, das selbstbelohnend ist.

Beispiel

Ein Hund rennt für sein Leben gerne. Beim Schicken zu Pylo springt er volle Kanne auf den Pylo und schiebt diesen durch die Gegend. Natürlich kann man das Verhalten ignorieren, die Übung neu beginnen und „hoffen“, dass der Hund diesmal vernünftig zum Pylo rennt und stoppt. Aber ein solches Verhalten zeugt offenbar davon, dass der  Hund Spaß ohne Ende an der Übung hat und zwar an der Übung selbst, nicht unbedingt an der Belohnung die er für die korrekte Ausführung bekommt. Warum sollte der Hund aber sein Verhalten ändern, nur weil man es ignoriert? Er hat ja seinen Spaß, er darf rennen und nicht nur einmal, sondern zig mal. Je häufiger er das Verhalten zeigt, desto häufiger darf er die Übung machen. Also bestätigt man das falsche Verhalten eigentlich dadurch, dass er die Übung wiederholen darf. Und wenn er irgendwann müde ist, und vielleicht mit weniger Tempo zum Pylo rennt und korrekt stoppt bekommt er die Belohnung vom Hundeführer, denn er hat es ja jetzt endlich richtig gemacht. Ein schlauer Hund lernt also: Wenn ich mit Spaß auf den Pylo springe, darf ich das ganze noch 50x wiederholen und habe Spaß dabei. Und wenn ich dann keinen Bock mehr habe, kriege ich dann für die richtige Ausführung auch noch mein Leckerchen … Warum sollte ein solcher Hund sein Verhalten abstellen?

Richtig wäre in einem solchen Fall, wenn der Hund schon im Ansatz zeigt, dass er mit Spaß „auf den“ nicht „zum“ Pylo rennt, ihn gar nicht erst bis zum Pylo zu lassen, sondern vorher zu stoppen, damit der „Spaßfaktor“ nicht als Bestätigung für sein Verhalten dient. Aber dazu braucht man ein negatives Abbruchkommando. Die Alternative dazu wäre höchstens die Übung „positiv“ zu beenden, indem man dem Hund ein gegensätzliches Kommando gibt, für dessen Ausführung man den Hund dann bestätigen kann. Das funktioniert aber auch nur dann, wenn dieses Kommando den gleichen oder einen höheren Spaßfaktor für den Hund hat, denn warum sollte er sonst seine „Spaßübung“ beenden. Wenn der Spaßfaktor der geänderte Übung aber genauso hoch oder höher ist, wird der Hund ja auch für sein Verhalten, dass man im Ansatz erkennen konnte bestätigt.

Es gibt sicherlich Situationen und Verhalten, die selbstbelohnend für den Hund sind und die man auch ändern kann, indem man dem Hund ein gegensätzliches Verhalten für dieses Siutationen beibringt.  Die Frage ist immer, ob man etwas findet das den Hund so positiv motiviert sein Verhalten zu ändern, so dass man überhaupt erst einmal eine Chance hat, ein besseres oder korrektes Verhalten zu belohnen und damit zu fördern. Die andere Frage ist, kann der Hund in der Situation überhaupt noch lernen? Oder ist er so gestresst (positiv oder negativ) dass er gar nichts „abspeichern“ kann.  Ausschließlich positive Bestätigung setzt voraus, dass der Hund in der Lage ist unerwünschtes Verhalten zu erkennen und willens ist, für die „versprochene“ Belohnung dieses Verhalten zugunsten des gewünschten Verhaltens aufzugeben. Im Zweifel heißt das also, wenn der Hund dauerhaft und ohne Pause nur das unerwünschte Verhalten zeigt, kann man das erwünschte nicht bestätigen und folglich kann der Hund auch nichts lernen. Dann muss zunächst ein Weg her, den Hund von seinem unerwünschten Verhalten abzubringen oder gar nicht erst dahin kommen zu lassen, dieses Verhalten zu zeigen. Und das ist manchmal gar nicht einfach, wie ich aus eigener Erfahrung weiß.

Warum manchmal nur ein negatives Abbruchsignal zum Ziel führt

In der Vergangenheit habe ich drei Jahre versucht, das „Bellen“ meiner Zicke in verschiedenen Übungen mit positiven Methoden zu beseitigen. Aber das ist aus vielen Gründen misslungen. Ganz im Gegenteil das Problem wurde immer größer. Während sie anfangs nur bei der Fußarbeit quitschte und beim Sprung über die Hürde bellte, wurde daraus im Laufe der Zeit Dauerbellen während der ganzen Fußarbeit und in allen Übungen in denen sie mit Tempo von mir weglaufen durfte, also Box, Apportieren, Hürde, Geruchsidentifizierung. Die Gründe dafür sind aus meiner Sicht einleuchtend, wenn man davon ausgeht, dass der Hund aus drei Gründen bellt. Das Quitschen ist nur eine Vorstufe des Bellens.

  • Spaß (immer wenn sie rennen durfte, kam beim Start ein Freudenbeller der sich später zum Dauerbellen während des Laufens ausweitete)
  • Frust (wenn sie zu lange auf die Triebbefriedigung warten musste)
  • Ungeduld (wenn es ihr nicht schnell genug ging mit der Fortsetzung der Übung)

 

Meine Reaktion auf unerwünschtes Verhalten „bellen und quitschen“ Verhaltensänderung des Hundes Meine Schlussfolgerung/erklärung dafür
Ignorieren des Verhaltens und bestätigen des Hundes, wenn er nach einer Weile leise war. Der Hund wurde kontinuierlich lauter und das quitschen und bellen dauerte länger an. Der Hund lebte in der Erwartungshaltung, gleich kommt das Lob (in Form von Spielzeug) und seine Trieblage wurde dadurch immer höher. Die war aber Ursache für die Lautstärke und folglich dauerte es immer länger bis sie zum Triebziel kam. Dieser Kreislauf führte am Ende dazu, dass aus einzelnen Bellern ein Dauerbellen wurde.
Ignorieren des Hundes, solange er bellt. In einer bestimmten Phase hatte sie das Problem, dass sich aus Frust vor oder neben mich gestellt hat und mich regelrecht verbellt hat. Ich bin einfach wortlos vom Platz gegangen und habe sie stehen lassen wo sie stand, manchmal 45 Minuten lang. Keine Änderung. Sobald sie leise und entspannt war und ich wieder zu ihr ging reichte es, irgendeine Übung zu machen, oder bspw. „Fuß“ zu sagen und sie bellte wieder. Wenn ich das „Fuß“ wegließ und einfach anging bellte sie spätestens ab der nächsten Kehrtwendung oder im Winkel. Nur das Verbellen vor/neben mir war einem gelegentlichen Bellen gewichen bis zur nächsten Frustattacke. Logisch, denn sie war sofort beim Weiterarbeiten wieder von 0 auf 180 und sie hat gar nicht verstanden, dass das „ignorieren“ was mit ihrem Verhalten (bellen) zu tun hatte. Folglich gab es für sie auch keinen Anlass ihr Verhalten zu ändern. Zudem war sie nun noch frustrierter, weil sie die ganze Zeit warten musste, wärend die anderen Hunde spielten und arbeiten durften.
Ich bin mir ihr auf den Platz und habe angehalten und gewartet, sobald sie anfing zu quitschen und bin erst weitergegangen bis und solange sie leise war. Sie hat sich natürlich nach einer Weile etwas „beruhigt“ und war auch vorrübergehend leiser, aber oftmals hat es 45 Minuten gedauert bis ich die Mitte vom Platz erreicht hatte und sobald ich auch nur 3 Schritte Laufschritt versuchen wollte, war das bellen, nach mir hacken und quitschen wieder da. Genau wie das Bellen in allen anderen Übungen. Auch das ist logisch, denn sie war ja weiterhin in der Erwartungshaltung endlich was tun zu dürfen um sich ihr Spielzeug zu verdienen und je länger sie warten musste, desto ungeduldiger wurde sie.
Das Bellen beim Sprung über die Hürde (mit Apportieren) habe ich versucht zu beheben, indem eine Hilfsperson sich auf das Apportel gestellt hat, wenn sie gebellt hat, so dass sie sich nicht durch den Spaßfaktor des Apportierens selbst für das Bellen bestätigen konnte. Aus einem Beller beim Absprung wurde ganz schnell Dauerbellen einschließlich verbellen der Hilfsperson und hacken in deren Schuhe. Auch das ist logisch, denn der Hund hatte meiner Meinung nach einfach nicht verstanden, dass es um das bellen ging und war folglich total gefrustet, dass er das Apportel nicht bekam. Frust förderte aber wiederum das Bellen und das Bellen verschaffte ihr noch mehr Frust.
Ignorieren des Bellens (beim Apportieren, Hürde etc.) und wiederholen der Übung bis sie leise war. Danach überschwengliches Lob und Spielen. Wenn nach 10 oder 20 Fehlversuchen eine „leise“ Ausführung der Übung kam, führte das Lob dann dazu, dass sie gleich wieder auf 180 war und in einer Erwartungshaltung die dann dazu führte, dass sie gleich wieder quitschte und in der nächsten Spaßübung wieder das Bellen da war. Auch das ist logisch, denn leise war sie nicht, weil sie ihr Verhalten geändert hat, sondern weil sich nach zig Fehlversuchen einfach keinen Bock mehr hatte und daher der „Spaßfaktor“ fehlte. Damit war auch das Spaßbellen weg. Das Lob dafür hat sie aber nicht auf das fehlende „Bellen“ bezogen und folglich konnte sie auch nicht lernen, dass sie nicht bellen soll. Ganz im Gegenteil hat das Lob dazu geführt, dass ihre Stimmung wieder besser und ihre Erwartungshaltung gesteigert war und folglich wieder der Spaßfaktor da und die Erwartungshaltung die dafür sorgten, dass sie wieder in der passenden Stimmung zum Bellen war.
Ich habe den Hund beim ersten Beller kommentarlos wieder vom Platz gebracht. Beim zweiten oder dritten Anlauf war sie noch lauter noch ungeduldiger und so hoch im Trieb, dass sie gar nichts mehr vernünftig gemacht hat. Klar, sie hat ja nicht verstanden, dass es um das Bellen ging und war jetzt total gefrustet weil sie arbeiten wollte und nicht durfte.

Aber nicht nur „ignorieren“ hat  keinen Erfolg gehabt. Ich war auch zwischenzeitlich so gefrustet und genervt von ihrer Lautstärke und der Tatsache, das nichts funktionierte, dass ich sie auch phasenweise angebrüllt habe, wenn sie gebellt hat. Natürlich war sie dann gestresst und hat mit Frustbellen geantwortet, was mich dann natürlich noch mehr geärgert hat und so war der Kreislauf perfekt.

Mir war relativ schnell klar, dass die Lautstärke von meinem Zickchen mit ihrer aktuellen Stimmung und Erwartungshaltung zu tun hatte, denn anfangs hatte sie das Problem nur auf dem eigenen Platz, wo es Schutzdienst gab. Je mehr ich aber auf Anraten diverser „Ausbilder“ mit Spielzeug statt Leckerchen bestätigt habe, desto mehr dehnte sich das Problem auch auf andere Plätze aus und war auch in anderen Situationen da (bspw. Spaziergang) wenn ich Spielzeug dabei hatte.

Ebenso klar war mir von Anfang an, dass Zickchen es gar nicht (mehr) merkt, ob sie bellt oder quitscht, sondern dass das ein „Nebeneffekt“ ihrer Stimmung ist, den sie bewusst gar nicht steuert, so wie auch wir dumme Angewohnheiten haben, die wir selbst nicht merken, wohl aber andere. Wenn sie aber nicht wahrnimmt dass sie laut ist, kann sie auch nicht lernen, dass es das Bellen ist, das falsch ist.  Und folglich wird sie auch nicht erkennen können, dass sie ab und an deshalb gelobt wird, weil sie nicht bellt.

Nur nach einer Weile war das ja auch gar nicht das Problem, denn es gab die Situation in der sie leise war ja gar nicht mehr. Wann hätte ich sie dann loben sollen. Und noch dazu hat jedes Lob dazu geführt, dass sie wieder von 0 auf 180 war und somit gleich wieder in der Stimmung in der sie laut war.

Wie das Bellen abzustellen war, war mir auch ganz klar. Sie musste sich auf eine Aufgabe konzentrieren und zwar auf die Lösung der Aufgabe nicht auf die Belohnung danach, denn wenn sie sich konzentriert, auf was auch immer, war sie leise. Das Problem war aber, sie dazu zu bringen sich zu konzentrieren, möglichst natürlich auf mich oder die Übungen ohne in der Erwartungshaltung an die Belohnung zu leben.

Im ersten Anlauf habe ich sie zum Pylo geschickt. Hat sie gebellt, habe ich sofort „Nein“ gesagt und sie zurückgerufen, so dass sie gar nicht bis zum Pylo rennen durfte. Das haben wir dann wiederholt bis sie ohne bellen bis zum Pylo gelaufen ist. Die ersten Male, wo dann von mir kein „Nein“ kam, hat sie sich ganz erstaunt umgesehen, hat dann aber recht schnell Fortschritte gemacht. Nach ca. 14 Tagen war es dann so, dass sie meist nach nur einem Versuch (mit nur einem einzigen Beller) gleich ohne Bellen zum Pylo gelaufen ist und das dann auch für alle anderen Übungen gleich auf Anhieb richtig gemacht hat.

Gleichzeitig habe ich Spielen auf dem Platz komplett eingestellt und nur noch mit Leckerchen und Streicheleinheiten bestätigt.  Eigentlich hatte das eine gute Wirkung. Auf der nächsten Prüfung hat sich aber gezeigt, dass sie offenbar nur wegen der reduzierten Erwartungshaltung leise war, nicht weil sie verstanden hatte, dass es um das Bellen ging, denn auf der Prüfung  hat sie dann wieder Bellattacken ohne Ende gehabt.

Als nächstes habe ich dann mit einem negativen Abbruchkommando gefolgt vom Geräusch einer Klapperdose/Trainingsdisc gearbeitet. Wenn sie gebellt hat, kam von mir das „Nein“ und jemand anders hat dann die Disc oder Klapperdose nur auf den Boden fallen lassen bzw. geschüttelt. Bereits nach dem ersten Mal, war sie schlagartig leise und hat den Rest der Übungsstunde nicht mehr gebellt und das ohne dass sie den Eindruck gemacht hat, dass sie gestresst war. Nach Wiederholung in der nächsten Übungsstunde war das Bellen ganz weg, das quitschen deutlich besser und ist inzwischen auch fast ganz weg.

Warum? So genau weiß ich das nicht. Ich denke sie konzentriert sich jetzt darauf, das blöde Geräusch zu vermeiden und weil sie sich konzentriert bellt sie nicht. Das erklärt auch, das sie seit dem auch konzentrierter in der Fußarbeit ist, auch wenn das noch verbesserungswürdig ist. Inzwischen hat sie aber auch verstanden, dass es um das Bellen geht, denn wenn ihr doch alle paar Übungsstunden mal ein Beller rausrutscht, dann bricht sie den mittendrin ab, so als wenn ihr dann wieder einfällt:

Huch, ich sollte ja leise sein …

Weil ich immer darauf geachtet habe, erst „Nein“ zu sagen und dann kam die Dose zum Einsatz, ist es jetzt so, dass sie so auf das „Nein“ konditioniert ist, dass es jetzt ausreicht, wenn sie mit quitschen anfängt, dass ich „Nein“ sage. Dann ist sie wieder leise.

Das hat sogar in der gestrigen Prüfung funktioniert. Zwischen zwei Übungen hat sie wegen meines Lobs wieder etwas aufgedreht und hat 2x gebellt. Auf mein „Nein“ war sie dann wieder leise und hat alle Spaßübungen ohne Bellen absolviert, mit ausnahme von 2-3 Übungen, wo ein „Freudenquitscher“ beim Start kam. Aber gar kein Vergleich mehr zu früher.

Und jetzt hat sie wieder die Chance auch positive Erfahrungen zu machen, denn weil sie leise ist, kann ich sie auch für gut durchgeführte Übungen belohnen, denn das ging ja vorher in der Regel nicht. Selbst wenn sie super schnell zum Pylo gelaufen ist, dabei aber gebellt hat, konnte ich sie nicht loben. Denn fehlerhaftes Verhalten (hier also das Bellen) sollte ja ignoriert werden. Und da sie immer (oder fast immer) gebellt hat, war das mit dem Loben auch nicht so einfach. Wenn sie dann mal leise zum Pylo gelaufen ist, dann meist weil sie müde und langsam war. Ich hab sie zwar dann auch schon mal trotz des Tempos gelobt, aber eigentlich war auch das ja nicht richtig, denn ich bestätige dann ja das langsame Laufen, was ja eigentlich nicht gewollt ist.

Jetzt ist sie schnell UND leise. Die gestrige Prüfung hat gezeigt, dass es funktioniert und zwar besser als das ignorieren unerwünschten Verhaltens, denn so war sie durch das „Nein“ zwischen zwei Übungen wieder in eine für die Übungen passende Trieblage zu versetzen. Natürlich gibt es immer noch die Freudenquitscher und auch gelegentliches Quitschen oder einzelne verhaltene Beller in der Fußarbeit. Aber sie lässt sich wieder unter Kontrolle bringe und  Ich denke, sie hat es verstanden. Wenn ich jetzt noch meinen Teil dazu beitrage und ihr beim Fußlaufen nicht mehr im Weg stehe 🙂 wird sie ein super Obedience-Hund werden.

Mein persönliches Fazit

Für mich persönlich bin ich zu folgendem Schluss gekommen. Dem muss keiner folgen und ich kann mir vorstellen, es gibt eine Menge Hunde die zumindest das, worauf es im Hundesport ankommt ganz ohne negatives Abbruchsignal lernen.

Für mich bin ich aber zu dem Schluss gekommen, dass zumindest für Verhaltensprobleme, die nicht eine einzelne Übung betreffen sondern sich über mehrere Übungen auch unterschiedlicher Art erstrecken, nicht die Änderung des Übungsaufbaus und eine positive Belohnung des richtigen Verhaltens zum Erfolg führt. Hier ist nicht der Übungsaufbau der Grund, sondern  andere Ursachen und daher bringt auch das Umstellen des Trainings nichts. Man muss dem Hund dann schon klipp und klar sagen, was falsch ist, damit er überhaupt eine Idee entwickeln kann, in welche Richtung er sein Verhalten ändern soll. Und das kann man nicht, wenn der Hund einen tollen Richtungsapport macht, aber dabei bellt und man dann die komplette Verhaltenskette ignoriert und den Hund die Übung wiederholen lässt. Denn ignoriert man das Gesamtergebnis, woher soll der Hund dann wissen, was falsch war?

  • falsches Holz?
  • falsches Tempo?
  • bellen?
  • knautschen?
  • oder vielleicht ne ganz falsche Übung?

Nur mit einem passenden Abbruchsignal im richtigen Moment, nämlich dann wenn der Hund bellt bzw. das unerwünschte Verhalten zeigt, habe ich überhaupt eine Chance dem Hund klar zu machen, dass das „bellen“ das falsche war. Genau wie ich ja auch deshalb im richtigen Moment klicke um das richtige Verhalten zu bestätigen.

Und nur wenn der Hund das erkennen kann, kann er auch sein diesbezügliches Verhalten ändern. Und nur, wenn der Hund sein Verhalten in eine „positivere“ Richtung ändert, kann man dieses auch bestätigen und fördern. Und wenn der Hund „Spaß“ an seinem unerwünschten Verhalten hat, muss das Abbruchkommando eine so große Sanktion für den Hund darstellen, dass er motiviert ist, sein Verhalten zu ändern.

Sicherlich kann man (auch ich 🙂 ) die Verwendung des negativen Abbruchsignals auf ein Minimum beschränken. Allerdings wird es für den Hund deutlich schwieriger sein die richtigen Schlüsse zu ziehen, wenn manchmal sein Fehlverhalten ignoriert wird und manchmal ein Abbruchsignal kommt.

Wer mag und was dazu sagen möchte, kann das gerne tun.

Schreibe einen Kommentar